Werkstoffe und Reinigung

Wiking hat im laufe der Zeit unterschiedlichste Materialien eingesetzt. Jedes Material hat seine speziellen Eigenschaften, heute wie damals. Es wäre also fatal, die gut gemeinte Reinigung mit einem ungeeigneten Mittel vorzunehmen. Schlimmstenfalls wäre das Modell beschädigt oder zerstört.

Dazu hier einige Hinweise aus der Restaurationspraxis und Bastlerkreisen. Ich kann natürlich nicht vorhersehen wie Sie damit umgehen, muss also jede Haftung, gleich welcher Art, ausschließen.

 

Grundreinigung

Metall- oder Kunststoffmodelle ohne Abziehbilder lassen sich problemlos im Ultraschallgerät reinigen. Dem Wasser kann man einige Tropfen Geschirrspülmittel zusetzen. Bei den Automodellsammlern eine bekannte Methode. Sie hat den Vorteil, dass keinerlei mechanische Belastung durch Bürste oder Pinsel erfolgt und selbst Ecken und Hinterschneidungen gesäubert werden. Das setzt natürlich die Anschaffung eines geeigneten Gerätes voraus. Wobei zu berücksichtigen ist, dass sich damit auch die eigene oder Opas Brille, das Collier der Dame des Hauses und alle möglichen anderen Dinge sehr gut reinigen lassen.

Bei vorhandenen Abziehbildern, die ev. schon spröde oder gelöst sind, bleibt nur der Versuch über den herkömmlichen Weg mit warmem Wasser und ein wenig Geschirrspülmittel. Aus der Restaurationstechnik ist bekannt, dass hier ein fester Schaum die größte Wirkung bei minimalster Belastung hat. Den Schaum erreicht man, indem das Spülmittel mit sehr wenig Wasser zu einem „festen“ Schaum aufgeschlagen wird (Rasierpinsel). Der Schaum wird dann auf das Modell aufgetragen. Die Einwirkzeit ist natürlich länger und individuell anzupassen, eventuell auch mehrmals zu wiederholen.

 

Cellon

Bei H.572, der DC-3, wird die Verwendung von Cellon für die Propellerscheiben genannt. Celluloid ist dem Namen nach wohl geläufig, Cellon eventuell nicht. Als Grundsubstanz für die Herstellung von Celluloid dient die sogenannte „Nitrocellulose“, eine Verbindung von Cellulose (Baumwoll- oder Holzcellulose) und Salpetersäure. Die Nitrocellulose an sich bildet schon einen klaren Film, ähnlich dem Celluloid, ist aber zu spröde für den technischen Einsatz. Deshalb wird der Nitrocellulose eine je nach der gewünschten Qualität unterschiedliche Menge und Art an „Weichmachern“ zugesetzt. Die Herstellung von Cellon erfolgt auf die prinzipiell gleiche Art und Weise. Als Grundsubstanz dient hier die Acetylcellulose, der „Cellit“, einer Verbindung von Cellulose und Essigsäure, ebenfalls unter Verwendung von Weichmachern.

Celluloid und Cellon sind ohne Pigmentzusatz glashelle Kunststoffe mit annähernd gleichen Eigenschaften. Cellon hat gegenüber Celluloid den Vorteil geringerer Brennbarkeit. Gegen Wasser sind beide beständig, wobei sich Cellon etwas verzieht. Starke Laugen und Säuren greifen beide Materialien an. Löslich sind Celluloid und Cellon vor allem in Ketonen, Alkoholen, vielen Estern und anderen organischen Lösemitteln, aber unlöslich in Kohlenwasserstoffen wie Benzin, Benzol, Toluol, und Alkyhalogeniden. Hier empfiehlt sich also die Reinigung mit ein wenig Benzin. Vorhandene Kratzer lassen sich wohl nicht wirklich entfernen, weil die Bauteile sehr klein sind.

Bakelit

Diesem Material haftet, im Zusammenhang mit Wiking, eine Art „Mythos“ an. Dabei war es nur eines der ersten „Wegwerfprodukte“, ein Abfallprodukt der Steinkohlendestillation. 1905 vom Belgier Baekeland erfunden, ab 1910 zusammen mit den Rütgers-Werken bei Berlin beginnend industriell vermarktet. Bakelit ist, chemisch gesehen, ein duroplastischer Kunststoff auf Phenolharzbasis, wie es bei der Steinkohlendestillation als Nebenprodukt in großen Mengen entsteht. Daraus wurden dann Küchengeräte, Telefone, Lichtschalter, Steckdosen, Radiogehäuse, Gleiskörper für Trix Express (1935 – 1955), Isolationsmaterial usw. gefertigt. Massenware, kostengünstig in großen Mengen herstellbar. Also nicht wirklich eine Herausforderung für den Modellfabrikanten Peltzer.

Die Verarbeitung des heißen Harzes erfolgt in Formpressen. Nach der Abkühlung und Aushärtung des Kunststoffes ist das Formteil widerstandsfähig gegen mechanische Belastungen, gegen Hitze und Säuren. Es lässt sich auch durch erneute Erwärmung nicht verformen. Bakelit hat immer braune bis schwarze Farbtöne, unterschiedlich in der Farbdichte. Es dunkelt unter Lichteinwirkung nach. Das Material ist aber grundsätzlich problematisch. Es gibt nicht „das Bakelit“. Die Beimengungen an Zuschlagstoffen, wie Holz-, Gesteinsmehl oder Fasern beeinflussen das Verhalten. Dazu kommen die unterschiedlichsten Einfärbungen, je nach Farbgrundstoff mehr oder weniger stark mit dem Harz verbunden. Und da liegt der Knackpunkt für die Reinigung.

Jede Art von Reinigungsmittel, seit deren Existenz, enthält zum Teil sehr hohe Konzentrationen an Weichmachern, Fließmittel und anderen Zusatzstoffen, die eine starke Vernetzung mit dem Grundstoff Bakelit eingehen. Die Lösungsmittel dieser „Reinigungsmittel“ verdampfen zwar, führen aber meistens zu einer Zerstörung der Pigmentierungsgruppen der Farben. Dazu tritt eine Vergilbung ein. Heutige Reinigungsmittel enthalten zusätzlich sog. „Schleifmittel“. Wie der Name schon sagt, wird die Verschmutzung eigentlich weggeschliffen, was natürlich zu einer Beschädigung der Bakelit-Oberfläche führt. Der ehemals so schöne Glanz ist hinüber und nicht reparabel.

Zur Reinigung empfiehlt sich destilliertes oder entkalktes Wasser, um Kalkreste nicht noch weiter in die Materialoberfläche einzureiben. Bei hartnäckigen Verunreinigungen kann man es auch mit Ethanol versuchen. Mit Wasser verdünnt ergibt sich eine längere Haftung auf der Oberfläche und damit letztlich einer Wirkungsverstärkung, weil das Wasser die schnelle Verdunstung bremst. Aus der Restaurationstechnik kommt die Anwendung mit Paraffin, in Benzin gelöst. Reines Paraffin bekommt man in jeder Apotheke. Ein wenig davon, in Benzin aufgelöst und mit einem weichen Tuch auftragen, einwirken lassen, bis das Benzin verdunstet ist, nachpolieren. Das sollte auch dem Bakelit - Segler wieder zu seinem alten Glanz verhelfen